Mittwoch, 21. Oktober 2009

Abwertungskrieg: 1 Euro = 2 Dollar

Von Michael Mross

Mittwoch, 21. Oktober 2009

EZB: Der Kursverfall des US-Dollar gefährdet die wirtschaftliche Stabilität Europas. Sarkozy: Ungleichgewichte führen die Wirtschaft der EU ins „Desaster“. Hintergründe zu einem „Krieg mit anderen Mitteln“.

Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), ließ mit einer ungewohnt dramatischen Aussage aufhorchen: Der Kursverfall des US-Dollar gefährde die wirtschaftliche Stabilität Europas. Noch deutlicher wurde Nicolas Sarkozy. Die Ungleichgewichte auf dem Währungsmarkt würden die Wirtschaft der EU ins „Desaster“ führen, ließ der französische Präsident am Dienstag ausrichten.

Es ist eines der bestgehüteten Geheimnisse, dass die Fed – entgegen den offiziellen Bekundungen – an einem schwachen Dollar interessiert ist. Das würde den USA einen Aufschwung bescheren – auf Kosten der Rest-Welt.

Hinter verschlossenen Türen der Notenbank weltweit tobt schon längst der Abwertungskrieg. Besonders im asiatischen Raum greifen Zentralbanken aktiv in den Handel ein, um ihre eigene Währung zu schwächen und sich damit Exportvorteile zu sichern.

Entgegen den offiziellen Verlautbarungen der Fed ist aber auch Washington knallhart an einem weichen Dollar interessiert. Die Erschleichung eines künstlichen Wettbewerbvorteils ist oberstes Ziel der Währungshüter. Jim O'Neill, Chefökonom bei Goldman Sachs, ist überzeugt, dass die US-Regierung die Abwertung des Dollar weiter toleriert - es sei denn, sie nimmt ein Ausmaß an, das für Schwierigkeiten sorgt. Doch bis dahin ist noch ist noch viel Luft nach unten. Zunächst einmal überwiegen die Vorteile einer schwachen Währung.

Nur aufgrund der geldsystemspezifischen Zusammenhänge ist es zunächst nicht gelungen, den Greenback zu schwächen. Da die meisten Schulden der Welt auf Dollar lauten und diese zum Teil in den letzten Monaten zurückgeführt wurden, wurde auch der Dollar buchstäblich knapp. Eine Rückzahlung von Krediten führt im System immer zu Auflösung von Geld, in dem Fall von Dollar. Dieser Mechanismus bescherte dem Greenback in der ersten Jahreshälfte eine Scheinblüte.

Nachdem die USA die gesamte Welt mit Kreditmüll verklappt haben, wird der Globus nun mit Dollar geflutet. Das Kalkül ist klar: Die Amis haben den Vorteil, können ihre Waren billig ins Ausland verkaufen.

Das Geschrei in den Medien wird zwar groß sein, aber auch davon lässt sich die Fed nicht beeindrucken. Bevor das Kapital in Rubel oder Renminbi flieht, muss schon viel passieren.

Der Clou bei diesem Währungsfoul: Die halbe Welt besteht indirekt aus Dollar bzw. aus Währungen, die direkt an den Dollar gekoppelt sind. All diese Länder würden eine Abwertung des Greenbacks sogar begrüßen.

Selbst von China droht keine Gefahr. Erstens ist der Renminbi direkt an den Dollar gekoppelt. Im Handel zwischen Peking und Washington würde sich also gar nichts ändern. Zweitens profitiert China über diesen Mechanismus ebenfalls von der schwachen US-Währung, weil das Land seine Waren dann noch billiger in den Nicht-Dollar-Raum exportieren kann.

Dieser Abwertungskrieg wird deshalb zwei Opfer haben: Die Euro-Zone und Japan. Nippon stöhnt schon jetzt unter einem fast rekordstarken YEN. Für die Ausfuhr japanischer Waren wird die Luft immer dünner. Das Land kommt aus seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Depression nicht heraus. Eine weitere Abwertung gibt Tokio den Rest.

Doch jetzt ist auch Europa dran. Spätestens dann, wenn der Dollar wieder auf 1,60 geht, wird’s für europäische und speziell deutsche Firmen eng. Der schwache Dollar dürfte jeden Aufschwung abwürgen.

Wieder einmal zeigt die Fed, wer das Zepter in der Hand hält. Und das "schöne" daran: Je tiefer der Greenback fällt, desto mehr Interventionen wird es seitens Japan und EZB / SNB geben. Ein von der Fed inszenierter Teufelskreis. Wir versuchen, zu intervenieren, kaufen Abermilliarden von Dollar gegen Euro. Anschließend schmiert die US-Währung noch mehr ab. Damit hat Europa doppelt verloren.

Es ist ein aussichtsloses Spiel, dessen Ausgang die Fed bestimmt. Wahrscheinlich das letzte Mal, bei dem die USA den Rest der Welt über den Tisch zieht.

Von Michael Mross

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